Baukunst mit Aluminium: Carlo Pierantozzis Vision in Bologna

Carlo Pierantozzi stellte sich in einem Park in Bologna der Herausforderung, einen architektonisch schlichten Betonbau aufzuwerten. Zu diesem Zweck realisierte der renommierte Baukünstler eine neue Struktur mit glatten PREFA Aluminiumrauten. Dabei gelang ihm eine Verbindung zum Ort in Form und Materialität, die von den Bewohnern der Comune di San Lazzaro di Savena geschätzt wird.

Ein seitlicher Blick auf die Längsseite des Zubaus, welche sich nach hinten Richtung Sportplatz erstreckt; daneben ist der Rasen, dahinter sind Bäume und ein blau-grauer Himmel sichtbar.

Von Just Cavalli bis Maserati

„Seit mehr als zwanzig Jahren verfolge ich das Ziel, Bauten eine Seele zu geben“, sagt Carlo Pierantozzi begeistert. Darauf deutet auch der Name seines Büros hin: Denn ‚zoo‘ verweist auf das lateinische ‚animas‘ (Seele), was wie ‚animals‘ klingt. ‚Form‘ meint im wörtlichen Sinne den Formgebungsprozess, der ihnen in ihrem Schaffen zentral ist. Angetrieben von diesem Selbstverständnis prägen zooform architecture + design die Ladenräume bekannter Luxusmodemarken wie Furla, Marc Jacobs oder Just Cavalli. Aber auch Autohäuser von Ferrari oder Maserati finden sich in ihrem Portfolio. Carlos Bauaufträge bewegen sich zwischen großen internationalen Projekten, die ihn mitunter schon bis nach Brasilien oder Vietnam brachten, und kleineren für seine Heimatstadt Bologna.

Seine Vision zeichnet sich durch einen „zirkulären“ Ansatz aus: Sie (ver)laufe nicht im Kreis, sondern berücksichtige vielmehr verschiedene Blickwinkel und Ebenen. Eine entsprechende Sensibilität für die Situationen, in denen man sich als Architekt wiederfindet, habe er über die Jahre entwickelt und verfeinert: „Ich bin nicht nur Designer, sondern schaffe und begleite Architektur in all ihren Entwicklungsstadien“, so die Wahrnehmung des Architekten.

Portrait des leitenden Architekten Carlo Pierantozzi von zooform architecture + design, hinter ihm sind eine Wiese mit einem dahinterliegenden Wald und ein kleines, weißes Gebäude unscharf zu sehen.

Architekt Carlo Pierantozzi

Kreative Integration im Park

Als Carlo die anspruchsvolle Aufgabe einer Erweiterung der Turnhalle Rodriguez im Parco della Resistenza erreichte, wusste er nur zu gut, worum es ging: einen plump-brutalistischen Betonbau aus den späten Sechzigern. Man hatte ihn im Namen der Adeligen Laura Rodriguez ohne jegliche ästhetische Qualitäten erbaut. Mit dieser Ausgangssituation lässt sich gut auf den Punkt bringen, wie zooform architecture + design arbeiten. „Wir würden Bauten niemals ausschließlich in ihrer Funktion denken und einen rechteckigen Betonklotz einfach mitten in einen Park setzen, wie es hier der Fall war. Da wir aber mit der gegebenen Situation arbeiten mussten, haben wir uns gefragt: Wie können wir mit dem Bestehenden Architektur schaffen, die weitergeht? Wie können wir zwischen dieser neuen Architektur und dem Park eine Verbindung kreieren?“ Die Umgebung mit in den Entwurf aufzunehmen, so Carlo, sei ihm schließlich das Wichtigste.

Ein Plan mit drei Querschnitten des baulichen Ensembles aus der Nord-, Ost- und Westansicht.

Innen vereint, außen anders

Der Gestalter sah die Lösung in einem funktionalen und gleichzeitig ästhetisch ansprechenden Zubau. Nach außen hin wird er als ein separater Teil wahrgenommen: als eine längliche, der Turnhalle vorgelagerte Struktur mit einer gänzlich neuen Designsprache. Mit dem Inneren der Turnhalle ist er auf funktionaler Ebene über einen Fitnessraum, Mehrzweckraum, Abstellraum und ein Badezimmer verbunden. Seine Form erinnert mit etwas Vorstellungskraft an einen Fisch: Mit einer rechteckigen Fensteröffnung richtet sich der Kopf nach oben, der Rest des Körpers haftet flach am Boden. Zusätzlich unterstützt wird dieses Bild durch die Anmutung einer Fischhaut, die der Verarbeiter Fabrizio Cassanelli mit der kleinen Wandraute 20 × 20 in Anthrazit erzeugte. Carlo schätzt an den verwendeten Rauten, dass sie Nachhaltigkeit und Ästhetik in sich vereinen. Dank ihnen referenziert der Bau den Fluss, der durch den Park fließt.

AH: „Der Begriff ‚Nachhaltigkeit‘ wird auch in der Architekturbranche mitunter floskelhaft verwendet, auf eine absolut falsche Art und Weise. Wie sind Ihre Gedanken dazu?“

CP: „Was uns besonders stört, ist, wenn Nachhaltigkeit nicht ‚echt‘ ist. Viele geben vor, ‚nachhaltig‘ zu bauen und handhaben sie wie eine Modeerscheinung, man denke nur an Greenwashing. Dabei wird die ethische Komponente bei dem Ganzen vergessen. Im Zuge der Materialwahl für die Turnhalle Rodriguez haben wir wirklich auch ethische Entscheidungen getroffen: Welche Materialien verwenden wir? Von wem beziehe ich sie? Wie sehen sie in Zukunft aus? Können sie nach ihrer Lebensdauer wieder vollständig abgebaut und wiederverwendet werden? Mich interessiert die Wiederbelebung von verfallenen Gebäuden sehr. Und da erweist sich PREFA aufgrund seiner guten Recyclingfähigkeit als ein ausgezeichnetes Baumaterial. Wenn Häuser so gebaut werden, dass sie in zwanzig, dreißig Jahren wieder abgerissen werden müssen, stimmt mich das schon nachdenklich.“

Gebaute Kunst erleben

Kann Architektur eine Seele haben? Und existiert sie überhaupt ohne ihre Betrachter? Angesichts Fragen wie diesen mahnt Carlo: „Mit unserer Architektur setzen wir jene, die sie betrachten, einer einzigartigen Kunst aus. Daher sollten wir sie sehr vorsichtig einsetzen.“ Er meint weiter, dass Gebäude nicht durch ihre bloße Existenz zur Kunst werden, sondern erst durch eine intensive Betrachtung und hautnahes Erleben.

Das gelte auch für die erweiterte Turnhalle, die sich neben Tennisplatz, Basketballplatz, prähistorischem Museum, einem Freiluftpark und einem Kindergarten in den Park einfügt. Steht man vor ihr, ergänzen sich das neu Geschaffene und frühere Versuche, die Halle ins Stadtbild von Bologna zu integrieren. Die Graffitikunst auf der Betonfassade stammt vom in Bologna beheimateten Künstler Fabieke, mit dem die Gemeinde San Lazzaro öfter zusammenarbeitet. Sieht man sich seine Fassadenkunst näher an, kann man auch darin eine Verbindung zum nahegelegenen Fluss entdecken: Im linken unteren Eck schwimmt ein Fisch an zwei blaugrünen Rosenköpfen vorbei.

Palestra Rodriguez - Details

Land:

Italien

Objekt, Ort:

Turnhalle, Bologna

Kategorie:

Zubau

Architektur:

zooform architecture + design

Verarbeiter:

Fabrizio Cassanelli

PREFA Objektberater:

Alessandro Valentino

Material:

Prefalz, Wandraute 20 × 20

Farbe:

P.10 Anthrazit

Weitere Infos:

Text: PREFARENZEN Redaktion
Plan: zooform architecture + design
Portrait: Amy Leigh Cook
Fotos: Giacomo Podetti