Kleiner, feiner Luxus
Das neuseeländische Architekturbüro Fabric widmet sich bautypologisch breit gefächerten Aufträgen und schafft dabei maßgeschneiderte und personalisierte Räume, die berühren. Ein Beispiel versteckt sich zwischen Nikau-Palmen an der Westküste Neuseelands: Umgeben von einem warmen Holzkern und einer Hülle aus PREFA Aluminium, lässt das Punakaiki Biwak die Grenzen zwischen innen und außen verschwimmen.
Für seine Realisierung des Biv Punakaiki Cabin erhielt Mitchell Coll vom Büro Fabric den 2022 ADNZ Resene Supreme Architectural Design Award.
Persönlicher Touch
Mitchell Coll macht seit über zwanzig Jahren Architektur. Mehr als die Hälfte seiner Schaffenszeit hat er damit verbracht, sich mit seinem Büro Fabric darauf zu spezialisieren, „kühne, schöne und hochfunktionale Räume zu gestalten, die perfekt zu ihrer Umgebung und zu den Menschen passen, die in ihnen wohnen“. Die preisgekrönten Architekten und Designer agieren von Christchurch aus und seien langsam, aber stetig zu dem herangewachsen, was sie heute sind. Weiterwachsen möchte man zurzeit allerdings nicht, wie Mitchell betont: „Wir pflegen einen sehr persönlichen Zugang zu unseren Klienten, den möchten wir auch weiterhin behalten.“ Es sei diese Einstellung gewesen, die den in Hongkong lebenden neuseeländischen Architekten Mark Panckhurst davon überzeugte, Fabric mit der Realisierung seines Biwaks zu beauftragen.
Zurück zu den Wurzeln
Marks Vorfahren stammen aus der Gegend rund um Punakaiki, an der Westküste der Südinsel. Mit seiner maßgeschneiderten Unterkunft möchte er Reisenden ermöglichen, mit dem Abenteuer des Urwalds auf Tuchfühlung zu gehen. Früher gab es in dem von plötzlichen Wetterumschwüngen und starkem Regenfall heimgesuchten Gebiet unweit der Pancake Rocks kaum Nächtigungsmöglichkeiten, was sich änderte, als es Wanderern mit der New Zealand State Highway 6 zugänglicher gemacht wurde. Einer der Wanderwege, der als neunter „Great Walk“ Neuseelands bekannte Paparoa Track endet direkt vor dem Grundstück, auf dem Mitchell die kompakte, 46 Quadratmeter kleine Hütte realisierte.
Raum, der berührt
Die Architekten reagierten auf die Vorstellungen des Bauherren mit einem atmosphärisch überzeugenden Raumkonzept. Betritt man den kleinen Flur, wird man in den zentralen Aufenthaltsraum mit der hohen Decke geleitet, der den Küchen- und Wohnbereich umfasst. Von hier aus ist auch das Schlafzimmer mit dem bodentiefen Fenster zugänglich. Das Dach schafft nicht nur ein großzügiges Volumen, sondern bietet auch in der oberen Etage einen zusätzlichen Schlafplatz: Von hier aus hat man die Möglichkeit, durch drei große Oberlichte die umliegenden Bergspitzen zu erblicken und zu beobachten, wie der Regen auf das Dach herabprasselt. Wie die restlichen Fenster wirken auch die Oberlichte eher wie perfekt gesetzte Öffnungen in den Baukörper, die einem großzügige Blicke in den Regenwald ermöglichen, der teilweise bis an die Fenster heran- und an ihnen hinaufzuwachsen scheint.
Luxuriöse, aber nicht zu luxuriös gestaltete Details im Interieur zeugen ebenso von Fabrics Gespür für außergewöhnliche Atmosphären – die zentrale Hängelampe mit dem durchlässigen, tropfenförmigen Lampenschirm, der dunkle Kaminofen, der eher Accessoire ist als Notwendigkeit. Denn eine gute Dämmung sorgt für angenehme Innentemperaturen, auch ohne zusätzlichen Input.
Kein anderes Material
Um den Bau formell auf die Geschichte seiner Umgebung zu beziehen, fertigten Mitchell und Mark Studien zur Typologie der Goldgräber-Wellblechhütten, die man einst in der Umgebung vorfand. Daraus entwickelten sie das Konzept mit einem sich über zwei Etagen erstreckenden Dach, das sich an den ungewöhnlichen Kaminformen der Hütten orientiert. Mit Prefalz fanden sie ein beständiges Material, das sich wie eine linierte, schwarzgraue Haut über die vorgefertigte CLT-Unterkonstruktion zu schmiegen scheint und den hohen Windgeschwindigkeiten sowie dem hohen Salzgehalt in der Luft standhalten kann.
Eine Schwierigkeit stellten die unterschiedlichen Neigungswinkel und die daraus resultierende gefinkelte Dachgeometrie dar, welche Johan Vogl von der Firma TARC meisterte. „Mit einem anderen Material wäre dieses Gebäude nur schwer umsetzbar gewesen“, erläutert der Technical Sales Manager, „zum einen, weil die spezifischen Detailarbeiten ein gut formbares Material erforderten, zum anderen, weil Prefalz auch in einer kleinen Menge erhältlich ist. Wir haben für diesen Prototyp nur 260 kg verbaut, in Zukunft erhalten wir mit weiteren Projekten hier in Punakaiki die Chance, dass es mehr wird.“
Blick nach vorne
Johan erzählt, dass in den nächsten Jahren auf Marks beiden Grundstücken drei weitere Biwaks mit einer ähnlichen Ästhetik entstehen sollen. Auch über die Südinsel verstreut plane der Bauherr weitere Projekte mit dieser Typologie, die auf ihre Art und Weise aus dem lokalen Kontext schöpfen sollen, um ihre eigene Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte, in der sich die Architekten von Fabric selbstbewusst verorten.
Biv Punakaiki Cabin - Details
Land: |
Neuseeland |
Objekt, Ort: |
Biwak, Punakaiki |
Kategorie: |
Neubau |
Architektur: |
Fabric |
Verarbeiter: |
The Architectural Roofing Company |
Material: |
|
Farbe: |
Schwarzgrau |
Weitere Infos:
Text & Interview: Anneliese Heinisch
Fotos: Stephen Goodenough